Absender: Joachim  Raff (C00695)
Erstellungsort: [Weimar]
Empfänger: Doris  Raff (C00693)
Datierung: Quelle undatiert
Standort: Bayerische Staatsbibliothek (München)
Signatur: Raffiana II
Umfang: 4 Seiten
Material: Papier
Schreibmittel: schwarze Tinte
Incipit: Mein liebes süsses Herzensherz!
Gottlob! Ich habe schon 25 Seiten an meinem 2. Acte vor mich gebracht.

habe schon 25 Seiten am 2. Act Samson WoO 20] hinter sich gebracht. Die Aussicht auf eine Masse Arbeit beflügle R. Ersehe aus dem Brief, dass die E. in den Wiesbadener Affären ihre Schuldigkeit getan habe. Es mache R. bedenklich, dass die E. so oft zwischen Darmstadt und Wiesbaden hin- und herkutschieren müsse. Gehe in 9 Tagen nochmals nach Leipzig und komme etwa am 15. oder 16. zurück nach Wiesbaden. Auf diese Zeit habe R. auch sein Quartier wieder zur Disposition gestellt. Geld brauche die E. nicht zu schicken. Habe genügend für die Reise und werde in Wiesbaden wieder verdienen. Habe bei Schott und Dulkens noch was zugute. Habe an Rieter-Biedermann nach Winterthur geschrieben. Es sei nicht unmöglich, dass dieser etwas von R.s Originalwerken nehme. Will Kühn hier unter der Hand anfragen lassen, ob er nichts von R. kaufe. Habe Lieder von [Leopold] Damrosch, Emi [Emilie Genast] gewidmet, herausgegeben, die "gräulich zukünftig sind, und unmöglich gehen können". Kenne niemanden, den er für einen solchen Akt gebrauchen könne, ausser [Oskar] Schade, der aber aus anderen Gründen nicht zu Kühn könne. Werde es selbst auf irgendeine Art und Weise versuchen. Wolle möglichst viele von seinen Originalsachen unterbringen. Fürchte, diese werden sich in den nächsten Jahren häufen. In den Theaterzeitungen werde die E. als in Darmstadt engagiert aufgeführt. Müsse die Folge eines Missverständnisses oder einer Voreiligkeit ....reichs [?] geschehen sein. Habe den "bösen Fall" mit Liszt den Eltern [Eduard Genast, Christine Genast] mitgeteilt. R. habe gebundene Hände. Gäbe viel, wenn die ganze Familie in Wiesbaden oder sonstwo lebte. Selbst wenn R. die Schrift für Liszt nicht mit seinem Namen zeichne, müsse er fürchten, dass seine Autorschaft durchleuchte oder dass Altenburgliche Indiskretionen R.s Namen damit in Verbindung bringen. Es sei unmöglich, den E. die Folgen begreiflich zu machen. Auch die Schwestern seien unzurechnungsfähig, mit Ausnahme von Emi [Emilie Genast], die aber ausser sich wäre, wenn Soupper, der auf der Altenburg wie eine Null behandelt werde, wegen R.s Refüses mit verdriesslichem Gesicht nachhause käme. Liszt sei verdientermassen in Berlin, Leipzig und Wien durchgefallen. Diesen Werken den Schein von Keuschheit, Gesundheit, Lebensberechtigung zu geben, sei eine Lüge, die jemanden, der sie begehe, um den Ruf seiner eigenen Tugend bringen könne. Glaube nicht, dass sich Liszt für so ein Opfer nachhaltig dankbar zeigen werde. Vorgestern kam während R.s Abwesenheit [Robert] Griepenkerl, um R. zu besuchen. Es sei ein Glück für diesen, dass er R. nicht getroffen habe. Beaulieu [Olivier de Beaulieu-Marconnay] war gestern zu Besuch. Der Fürstin [Carolyne zu Sayn Wittgenstein] scheine es schlecht zu gehen. Die Prinzessin, die miserabel aussehe, sei auch krank und nur aufgestanden, um Krankenwächterin zu sein. [Hans von] Bronsart scheine in Paris nichts zu machen. Rubinstein sei dort sehr en vogue. Liszt sei darüber wütend. Der Vater [Eduard Genast] stehe zum ersten Male wieder auf. Die Mutter [Christine Genast] sei am Theater und spiele in "Von Sieben die Hässlichste" [von Louis Angely.


Zitiervorschlag: Raff, Joachim: Brief an Doris Raff ([2. 5. 1857]); https://portal.raff-archiv.ch/A01732, abgerufen am 15. 7 2025.