Absender: Joachim  Raff (C00695)
Erstellungsort: Stuttgart
Empfänger: Friedrich  Kistner (C00459)
Datierung: 6. November 1847 (Quelle)
Umfang: 4 Seiten
Material: Papier

bedankt sich für den Auftrag für die Bearbeitungen von Kückens "Prätendent" op. 42, WoO 7]. Schickt die ersten Piecen, die er sogleich auch für 4 Hände bearbeitet hat. Beschreibt die Herkunft der Themen der 7 Sätze. Sie seien nicht in der Art "gewöhnlicher Potpourris" geschrieben, das verbiete sein noch fleckenloser Name. Es soll für den Klavierspieler auch dann noch Wert haben, wenn die Oper nicht mehr gespielt wird. Wollte ihm eine "angenehme Form" geben, dem Spieler Ruhepunkte, überraschende Wechsel, steigernde Effekte bieten. Es stehe in "Liszt-Raff'scher Manier", können aber von jedem Schüler gespielt werden. Barcarole und Rondo können auch losgelöst veröffentlicht werden. Honorar: 50 rheinische Gulden, womit er sich aber schlechter stellt als den Notenstecher. Es soll an [Franz] Müller überwiesen werden. Zweihändig auf 4 Bogen, vierhändig auf 5. Kritisiert Kückens Oper: Buch zu lang und zu langweilig, der Musik fehlt es an harmonischer Neuheit, kontrapunktischem Satze, echt melodischem Kern und vor allem Dramatik. Eine Liedersammlung von Kücken würde das Publikum sicherlich schätzen. Er rät Kistner daher: Wenige Klavierauszüge mit Texte fertigen, solche ohne Text, eher Nord- und Vorder-Deutsche als Österreicher "honorieren", nur die besten Werke veröffentlichen, wie dies Schlesinger tue. Franz Liszt schreibe ihm von Wranitza (bessarabische Grenze), dass er ihn gerne in Weimar hätte. In 13 Wochen werde er also in Leipzig sein. Er und Liszt wollen 10 Wochen in Weimar bleiben. Kistner solle sie dort besuchen. Kündigt die erste Matinee von [Kunigunde] Heinrich in Schiedmayer'schen Saale [?] an. Aufgeführt werden auch: "Non son rose senza spine" [op. 51,1] und Loreley (Wien bei Mechetti) op. 21. Heinrich sei eine Schülerin Chopins, beste Klavierlehrerin hier mit etwa 40 Zöglingen. Kistner solle sie besuchen. Müller habe 6 Liederparaphrasen, die er Heinrich gewidmet habe, veröffentlicht op. 34. An Kucken wolle er persönlich schreiben. Keine Grüsse an Gurckhaus und Senff, die beide endlich mal wieder schreiben sollen. Ersterer werde wieder die Gelegenheit haben, seinen verschnörkelten Namenszug zu bewundern. Entschuldigt sich für das nicht so schöne Manuskript. Fortsetzung des Prätendenten-Arrangements wird folgen. Nachschrift vom 9. November: Bericht über die Heinrich'sche Matinee: Seine Stücke hätten am besten gefallen. Fräulein von Knoll ¨[Kroll?, sang das erstere, Herr von Lepel das zweitere. Bülow spielte die "Loreley". Gestern habe er vom Tod Mendelssohn Bartholdys erfahren, seinem "Wohlthäter", der seine Manuskripte gepräft habe und der "Urheber" seiner musikalischen Laufbahn war. Er werde nun auf der Seite der Verteidiger Mendelssohns stehen. Heinrich und Bülow haben zusammen die vierhändige Version der Prätendenten gespielt. Sie machen einen guten Eindruck.


Zitiervorschlag: Raff, Joachim: Brief an Friedrich Kistner (6. 11. 1847); https://portal.raff-archiv.ch/A02210, abgerufen am 1. 5 2025.